Vergütungen
In der Einleitung wurde erwähnt, dass nicht der Sensor selbst, sondern der vergütete Filter davor gereinigt wird. Nun ist es Zeit etwas mehr über diese Vergütung zu lernen.
Warum ist der Filter vergütet? Licht das von einem Medium mit niedrigem Brechungsindex (Luft, n=1,0) auf ein Medium mit höherem Brechungsindex (Glas, n=1,5) trifft wird teilweise reflektiert. Ungefähr 4% wird reflektiert beim Eintritt in den Filter und noch mal 4% beim Austritt. Es gehen also etwa 8% des Lichtes beim Durchtritt durch einen unvergüteten Filter verloren.
Bringt man eine dünne Schicht von einem Material mit anderem Brechungsindex auf einer Glasoberfläche auf, so wird das Licht an den beiden Grenzflächen reflektiert. Entspricht der Laufzeitunterschied λ/4 so findet destruktive Interferenz statt und kein Licht wird reflektiert. Diese Bedingung wird aber nur von einer Wellenlänge exakt erfüllt, so dass kürzere und längere Wellenlängen immer noch reflektiert werden. Mit einer komplizieren mehrlagigen Vergütung (MC) die aus 6, 8 oder noch mehr Lagen besteht, kann die Bedingung der destruktiven Interferenz über den ganzen sichtbaren Bereich ausgedehnt werden. Diese mehrlagigen Vergütungen können die Reflektion auf unter 0,5% im Bereich von 400 bis 700nm drücken. Außerhalb von dem Gebiet steigt die Reflektion schnell auch über die „natürlichen“ 4% an. Eine Vergütung, die oberhalb von 700nm hoch reflektiv ist wird auch dichroitisch genannt. Auf diese Weise bekommt die notwendige Vergütung eine zweite Funktion. Sie verringert die Reflektion im sichtbaren Bereich und reflektiert gleichzeitig nicht sichtbares infrarotes Licht.
Diese Berechnungen sind gültig für Licht, das die Oberfläche senkrecht trifft. Trifft das Licht unter größeren Winkeln auf, so werden die Schichten virtuell dünner und der Wellenlängenbereich wird verschoben. Dies ist der Grund, warum die Filteroberfläche bei Winkeln unter 45° beginnt rotes Licht zu reflektieren. Die Filterkante verschiebt sich von 750nm (Infrarot) bei 0° zu 650nm (Tiefrot) bei 45°. In einer DSLR ist der größte auftretende Winkel um die 30°, von daher ist diese Verschiebung nicht relevant für Bilder bei Tageslicht.
Die Dinge ändern sich, wenn man versucht mit einem IR Durchlassfilter Infrarotaufnahmen zu machen. Mit manchen Objektiven sieht man den berühmten Hotspot in der Bildmitte. Infrarotlicht das den Filter in der Mitte nahezu senkrecht trifft, kann zu einem gewissen Anteil noch den Sperrfilter passieren. Weiter entfernt wird immer mehr von diesem Licht blockiert. Abhängig von der optischen Konstruktion vom Objektiv und der gewählten Blende werden dies manche Objektive zeigen und andere wiederum nicht.
In den meisten Fällen ist die letzte Schicht der Vergütung Silikondioxid oder ein anderes hartes nichtleitendes Material. Ladungen auf der Oberfläche können nicht zum Rand hin abgeleitet werden und kann sich daher statisch aufladen. Neuere Vergütungen haben daher eine Indium-Zinn-Oxid (ITO) Beschichtung auf dem Filter. Sie ist nur 10 bis 20nm dick und optisch durchsichtig. Seine Aufgabe ist es eine leitfähige Oberfläche zu bilden.
Wie beeinflusst das nun alles die Reinigungsmöglichkeiten? Alle Vergütungen haben Spezifikationen zu erfüllen, die im der Military Specification MIL-C-675C, MIL-C-48497A und MIL-F-48616 niedergeschrieben sind. Es gibt auch einen entsprechenden europäischen ISO 9211 Standard. Es ist verwunderlich, dass alle Vergütungen sehr widerstandsfähig gegenüber Chemikalien sind aber verletzlich bei Ablösung oder Abrieb. Dies ist der Grund, warum empfindliche Optiken nur mit Polymeren (vergleichbar mit Sensor-Film) und nicht mit Wattestäbchen gereinigt werden dürfen.